Grünes Statement aus Unstrut-Hainich-Kreis zur öffentlichen Diskussion über Gülleimporte

Hintergrund: Am 09. November berichtete die Thüringer Allgemeine (TA) über die Thematik der Gülletransporte in den Unstrut-Hainich-Kreis. Dabei verwies die TA auf die Beantwortung einer Kleinen Anfrage seitens des Thüringer Umweltministeriums die Zitat aus der Überschrift des Artikels “Gülleimporte grundsätzlich positiv” sieht. Doch so einfach ist das aus unserer Sicht nicht. Deswegen haben wir dazu ein Statement erstellt, das unsere Sichtweise auf das Thema erklärt.

Aus den Nutztierbetrieben in Niedersachsen wurden im letzten Jahr knapp 2 Millionen Tonnen Gülle und Gärreste (das sind die Reste der vergorenen Gülle aus den Biogasanlagen) in andere Länder oder Bundesländer exportiert. Ein großer Teil davon ging ins Nachbarland Nordrhein-Westfalen. Dazu kommen noch Gülleimporte aus den Niederlanden. Die Regionen mit vielen großen Tierhaltungsbetrieben in NRW und Niedersachsen haben bereits Probleme, die Grenzwerte für Nitrat und Phosphat einzuhalten. Aus diesem Grund kommt es zu einer großangelegten Verschiebung dieser Wirtschaftsdünger, da ein Ausbringen in den Ursprungsregionen aufgrund des schlechten Zustands des Grundwassers limitiert ist.
Dass sich dieser Güllehandel nicht kontrollieren lässt, ist seit Jahren bekannt. So wurde in NRW festgestellt, dass ca. ein Drittel der angegebenen Empfängerbetriebe von Gülleimporten überhaupt nicht existierten. Auch in Thüringen bezieht sich die Mehrzahl der Verstöße bei Gülletransporten auf fehlende Dokumentation oder Anmeldung der Transporte, das geht aus einer kleinen Anfrage vom 29.03.2021 hervor. Von einer flächendeckenden Kontrolle der Transporte sind wir weit entfernt. Die Transporte laufen zudem über verschiedene Zwischenhändler, so ist die wahre Herkunft der Gülle kaum nachvollziehbar.

In der Antwort des Thüringer Umweltministeriums auf die kleine Anfrage bezüglich CO2 Bilanz der Gülleimporte nach Thüringen wird sinngemäß folgendes festgestellt:

Der Import von Gärresten bzw. Gülle zur Verarbeitung in Thüringer Biogasanlagen, wird grundsätzlich positiv gesehen. Es kann dadurch der sehr energieaufwendige Mineraldünger eingespart werden. Bei der Vergärung der Gülle in Biogasanlagen werden die CO2- und Methanemissionen gesenkt und der Landwirtschaft werden Nährstoffe kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Die Einsparung von CO2-Äquivalenten durch die Vergärung von Gülle in Biogasanlagen sind so groß, dass sich klimatechnisch der Transport des Tierdungs aus einer Entfernung von 200 bis 600 km rechnet. Das mag rein rechnerisch stimmen. Der tatsächliche Weg der Gülle ist aber, wie bereits festgestellt wurde, nicht kontrollierbar. Oft ist nur der letzte Zwischenhändler bekannt, dort wird die Gülle aus verschiedenen Betrieben gesammelt. Nicht vergessen werden darf auch der Grund, warum die tierischen Ausscheidungen in den letzten Jahren verstärkt nach Thüringen verbracht wurden, also die hohe Grundwasserbelastung in den Herkunftsregionen.

Die Lösung ist nicht, die Verlagerung des Problems auf andere Regionen, sondern eine an die Fläche angepasste Tierhaltung, also vor allem die Reduktion der Tierzahlen in den belasteten Gebieten.  Die Klimabilanz ist aber auch nur ein Aspekt der Gülleimporte. Bezüglich der Verschleppung von Tierseuchen besteht eine reelle Gefahr.

Aus der Antwort des Umweltministeriums auf die Risikoeinschätzung bezüglich der Tierseuchenverschleppung geht folgendes hervor: Mesophile Biogasanlagen dürfen nur mit Inputmaterial aus Betrieben bestückt werden, für die keine tierseuchenrechtlichen Maßregeln gelten, so dass sich eine solche Verbringung ausschließt. Das ist theoretisch richtig. Tierseuchenrechtliche Maßregeln gelten aber erst, wenn die Behörde die Tierseuche festgestellt hat oder ein starker Verdacht auf ein Tierseuchengeschehen besteht. In der Vergangenheit gab es allerdings Fälle, bei denen ein Seuchenausbruch in einem Betrieb erst nach Tagen oder sogar Wochen erkannt wurde. Die Gülle wäre in dieser Zeit völlig legal verbracht worden und hätte den Tierseuchenerreger verschleppt. Außerdem kann bei fehlerhafter Dokumentation gar nicht nachvollzogen werden, aus welchen Gegenden die Gülle kommt, wie bereits festgestellt wurde.

Der Kreisverband UH hat sich über längere Zeit sachlich mit der Problematik „Gülletourismus“ auseinandergesetzt. Dazu gehörte auch die kleine Anfrage vom 29.03.2021. Nach Abwägung der genannten Fakten überwiegen die Nachteile des sogenannten „Gülletourismus“. Aus diesem Grund sprechen wir uns weiter klar dagegen aus. Der zunehmende Gülletourismus ist Teil einer völlig verfehlten Landwirtschaftspolitik auf EU- und Bundesebene. Es wird nichts zur Lösung beitragen, durch ein Verbringen der Gülle in andere Regionen (z.B. Thüringen) die ausufernde Tierhaltung in anderen Teilen Deutschlands zu unterstützen. Ohne eine Reduktion der Tierzahl dort, wird sich das Problem nicht lösen lassen. Und das geht ehrlicherweise nur, wenn wir unseren Fleischkonsum reduzieren.